Aktuelles

+
Vater Bernhard

Geboren in eine Familie von uraltem Adel

Friedrich-Werner von der Schulenburg wird in eine uralte Adelsfamilie hineingeboren. Das weitverzweigte Geschlecht der Schulenburg ist bereits im 12. Jahrhundert belegt. Stammsitze sind die Altmark, das Hannoverische und das Braunschweigische.

Vater Bernhard (1839 –1902) gehört im weit verästelten Stammbaum der Schulenburg zur Weisen Linie und zum Haus Hehlen (benannt nach dem Schloss Hehlen in Niedersachen). Er ist Oberstleutnant in preußischen Diensten.

Mutter Margarete (1847–1918) entstammt dem Adelsgeschlecht der Freiherren von Waldenfels.

Der militärische Beruf von Vater Bernhard bedeutet für die Familie häufige Ortswechsel. 1886 geht der Offizier in Ruhestand. In Braunschweig findet die Familie 1887 schließlich ihre bleibende Heimat.

+
Mutter Margarethe

Der Adelige

Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg (verwendete Abkürzung FWS) kommt als Adeliger im jungen deutschen Kaiserreich auf die Welt. Noch bestimmt der Ständestaat die Chancen des Einzelnen. Wichtige Positionen in Politik und Militär sind für den Adel reserviert. Der Graf entstammt einem sehr alten und weitverzweigten Geschlecht, das seit Jahrhunderten hohe Staatsbeamte, Diplomaten und Offiziere stellt. Seine Eltern sind jedoch nicht begütert. Dieses Fehlen eines der drei entscheidenden „G“ (Geburt, Geld, Gehirn) lässt die Karriere des jungen Adeligen langsamer in Gang kommen.

Neben den Chancen eines adeligen Netzwerkes bekommt Friedrich-Werner die Werte einer protestantischen Adelsfamilie mit auf seinen Lebensweg. Patriotismus und Pflichtgefühl lassen ihn aber keineswegs zu einem eifernden Nationalisten werden. Ideologien sind ihm zuwider. Die Nationalsozialisten betrachtet er herabblickend als ignobile vulgus (Pöbel).

+
FWS im Jahr 1910

Lebensstationen bis zum Eintritt in den Diplomatischen Dienst im Jahr 1919

Am 20. November 1875 wird FWS in der kleinen sächsischen Garnisonsstadt Kemberg als Sohn des wenig begüterten preußischen Offiziers Bernhard Graf von der Schulenburg (Offizier im Magdeburgischen Dragonerregiment Nr. 6) und seiner Frau Margarethe geboren.

Nach einem Umzug der Eltern nach Braunschweig besucht er  das in der unmittelbaren Nachbarschaft liegende und erst zwei Jahre zuvor gegründete Herzogliche Neue Gymnasium, das spätere Wilhelm-Gymnasium und macht dort 1894 Abitur.

Von 1894 bis 1900 studiert FWS Rechtswissenschaften in Lausanne, Berlin und München. Die Schweiz wurde von zukünftigen Diplomaten als Studienort bevorzugt. 1897 erste und 1900 zweite juristische Staatsprüfung.

FWS das Militär als Pflicht. Schulenburg absolviert nach seinem Schulabschluss eine Grundausbildung als einjähriger Freiwilliger. Im Herbst 1895 wird er als Reserveoffizier entlassen. Schon vor dem Militärdienst steht sein Berufsziel fest: er will nicht die militärische, sondern die diplomatische Laufbahn einschlagen. Bereits vor Beginn seiner Ausbildung als Soldat beginnt er ein Jurastudium. Den Ersten Weltkrieg, in den der fast 40-jahrige Konsul und Offizier ziehen muss, bezeichnet er als „unnötig und dumm“. Aber er sieht sich natürlich in der Pflicht, dem Vaterland als Soldat zu dienen – wenn auch als unfreiwilliger Träger.

Das erste Kriegsjahr wird Schulenburg in Frankreich eingesetzt. Im Sommer 1915 beginnt für den Offizier eine militärisch-diplomatische Mission in Kleinasien. Wegen seiner langjährigen Erfahrung als deutscher Konsul in Tiflis/ Georgien wird er unter anderem mit der Rekrutierung und Führung der Georgischen Legion beauftragt. Deren Ziel war die Sicherstellung der staatlichen Unabhängigkeit Georgiens von Russland bzw. der Sowjetunion.

Am 29.12.1906 wird die Tochter Christa Wernfridis geboren. Mutter ist Elisabeth v. Sobbe , die FWS am 12. Mai 1908 heiratet. Die Ehe wird bereits 1910 wieder geschieden. FWS wird auch nicht mehr heiraten und keine weiteren Kinder haben. Die gesetzlich geforderten Unterhaltszahlungen für seine Tochter leistet er (nach notariellen Auseinandersetzungen) bis zu ihrem 21. Lebensjahr. Danach unterstützte er sie auch weiterhin mit regelmäßigen Zahlungen (monatlich 75 Reichsmark) und vielen Einzelüberweisungen.

Bis zum 1. Weltkrieg ist FWS im konsularischen Dienst. Ab 1911 als kaiserlich deutscher Konsul in Tbilisi (Tiflis) / Georgien. Tiflis war zu jener Zeit, wie Warschau, wo er zuvor tätig gewesen war, Teil des (zaristischen) russischen Reiches. Georgien war seit 1801 eine russische Provinz. 1918 kam es zur Unabhängigkeitserklärung. 1921 wurde Georgien von der Roten Armee zurückerobert und in eine sowjetische Republik umgewandelt. Während des Ersten Weltkrieges versieht FWS an der Kaukasusfront militärische und diplomatische Aufgaben, indem er einerseits türkische Expansionspläne zügelt, andererseits aber den Widerstandskampf der Georgier gegen zunächst zaristisch-russische und später sowjetische Vorherrschaft organisiert.

Von Januar bis Juli 1919 ist FWS in Prinkipo/Türkei interniert. Mit der Kapitulation Deutschlands gerät FWS also in britische Kriegsgefangenschaft.

Nach der Freilassung aus der Kriegsgefangenschaft tritt FWS in den Dienst der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes ein. Im März 1921 wird er Vortragender Legationsrat. Mit dem 1. Juli 1919 beginnt für FWS die eigentliche diplomatische Laufbahn. In der wilhelminischen Zeit war ihm diese wegen mangelnden Vermögens versperrt gewesen In der Weimarer Republik wurde die Trennung zwischen konsularischer und diplomatischer Laufbahn abgeschafft.

 

+
FWS (Bildmitte) vertritt das Deutsche Reich bei der Schahhochzeit in Teheran

ab 1922 im Diplomatischen Dienst

Diplomat ist der Traumberuf des weltoffenen und reiselustigen Grafen. Der Jurist musste sich nach seinem Eintritt ins Auswärtige Amt jedoch zunächst mit der konsularischen Laufbahn begnügen. Für den eigentlichen diplomatischen Dienst reicht sein Geldvermögen nicht. Mit dem Ende des Kaiserreichs ändern sich die Spielregeln. Nun kann Schulenburg als deutscher Gesandter in Persien (aktiv ab 1923) und Rumänien (ab 1931) wirken. 1934 schließlich wird er Botschafter in Moskau.

Schulenburg ist ein loyaler und disziplinierter Beamter, der seine dienstlichen Pflichten akkurat erfüllt. Seine Mitarbeiter und Bediensteten schätzen seine stille, unaufdringliche Art, seine einfühlsame Nachsicht und sein wohlwollendes Grandseigneur-Verhalten.

Schulenburgs leuchtendes Vorbild ist Otto von Bismarck, der vor seiner politischen Karriere auch als Diplomat wirkte. Von ihm übernimmt er die Warnung einen Krieg mit Russland unter allen Umständen zu vermeiden. Die Nationalsozialisten, denen der Graf als Moskauer Botschafter dienen muss, haben jedoch für diese Art von Diplomatie nichts übrig. Bei der Aushandlung, des den Zweiten Weltkrieg auslösenden Hitler-Stalin-Paktes 1939, wird Schulenburg von den Nazis regelrecht überrumpelt.

 

+ Burgruine Falkenberg um 1929
Burgruine Falkenberg um 1929

Der Weg nach Falkenberg

FWS sieht 1929 zum ersten Mal auf einer Fahrt durch Nordbayern die Burgruine Falkenberg. Seit langer Zeit hatte er den Wunsch, seinen Lebensabend auf einer Burg zu verbringen und dort seine Memoiren zu schreiben.

Bei einem Besuch in Falkenberg am 16./17. Juni 1929 begann FWS Verkaufsverhandlungen mit dem zuständigen Bezirksamt in Tirschenreuth, die sich bis 1936 hinzogen. Die Entscheidung für den Erwerb der Ruine Falkenberg lag wohl vor allem in der zentralen Lage in der Mitte Europas.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege gab 1936 grünes Licht für den Wiederaufbau der Burgruine Falkenberg. Als Botschafter in Moskau konnte er zu seinem Bedauern nicht sehr oft vor Ort sein.

Obwohl er sich während seiner Moskauer Jahre nur wenig um die Bauarbeiten kümmern kann, schafften es Architekt, Baufirmen und Alwine Duberg – sie kümmerte sich in seiner Abwesenheit um die Baumaßnahme –  dass die Burg ab 1941 bewohnbar wurde.

Nach der Rückkehr von seinem Moskauer Botschafterposten im Sommer 1941 werden auch die Aufenthalte Schulenburgs in Falkenberg häufiger. Nach seiner Verhaftung im August 1944 wird die Burg Falkenberg von der Gestapo beschlagnahmt. FWS wird zum Tode verurteilt und im November 1944 gehängt.

Der ersehnte Lebensabend auf der Burg Falkenberg war ihm nicht beschieden.

 

+
Wappen der Grafen von der Schulenburg (Reprofoto aus Doku FWS, Dr. Helm)

Friedrich Werner Graf von der Schulenburg – sein Leben

Im Rahmen des Werkvertrags der Marktgemeinde Falkenberg zur Museumsentwicklung der Burg Falkenberg an Dr. Winfried Helm (Büro Theorie & Praxis, Passau) hat Dr. Helm nach umfangreichen Recherchen eine über 600 Seiten umfassende und beeindruckende Dokumentation unter dem Titel Fakten – Bilder – Quellen zu seinem Leben in chronologischer Reihenfolge erstellt.

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Helm konnten für die Veröffentlichung auf dieser Webseite Texte und Bilder über das Leben von FWS der Dokumentation entnommen werden.

 

 

nach Oben