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Pfeile mit seinem Scherenschnittprofil von Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg führen die Besucher durch das MuseumBurg (MB)

Ein Hauch von Weltgeschichte

Die Burg Falkenberg steht für ein Jahrtausend wechselvolle Geschichte. Viele Jahrhunderte blieb die Befestigung uneingenommen. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts verfiel das Bauwerk jedoch zunehmend zur Ruine.

Ein preußischer Adeliger – der Diplomat Friedrich Werner Graf von der Schulenburg – erweckte die Burg Falkenberg in den 1930er-Jahren wieder zum Leben. Er wollte seinen Lebensabend hier verbringen. Es sollte nicht sein: Als Mitverschwörer des 20. Juli 1944 wurde er von den Nazis ermordet.

Die Besucher, die die Burg über die alte Brücke oder den neu angelegten, schwindelerregenden Treppenschacht betritt, erwartet ein kurzweiliger Rundgang. Sie lernen das bewegte Leben des Grafen von der Schulenburg kennen, der als deutscher Botschafter in Russland um den Frieden kämpfte. Auf dem Weg durch vier Geschoße wird darüber hinaus die alte Burggeschichte veranschaulicht.

Der Schwerpunkt des Museums liegt bei Graf Schulenburg. Ein 15-minütiger Film führt die Besucher an sein abenteuerliches Leben heran. Ein dem Botschafter gewidmeter Ausstellungssaal bietet vielfältige Zugänge zur Person Schulenburg und gleichzeitig zur Zeitgeschichte des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und des „Dritten Reiches“. An sechs Medienstationen kann man die Themen spielerisch vertiefen.

Der Weg durch vier Geschoße bietet an ausgewählten authentischen Stellen immer wieder Einblicke in die wechselvolle Burggeschichte. Es geht um mittelalterliche Bautechnik, um die vielfältigen Verteidigungseinrichtungen oder um die ganz besondere Art der Wasserversorgung auf der alten Burg Falkenberg. Abschließend wird ein historisches Panorama aufgespannt, das von den Anfängen im Nebel der Geschichte bis zur Sanierung der Ruine in den 1930er Jahren und weiter bis zur nun geschaffenen Kulturburg reicht.

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Grundrissgrafik (Quelle: Brückner & Brückner Architekten GmbH) der zweiten Geschoßebene, der große Raum rechts ist ganz Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg gewidmet

Ausstellungsrundgang mit 20 Stationen auf 4 Geschoßen

Brückengeschoß

0.1  Empfang
0.2  Ältestes Mauerwerk

Erdgeschoß

1.1  Burg Falkenberg – ein besonderer Ort
1.2  Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg
1.3  Der Burgherr
1.4  Das Herkommen
1.5  Leben im Kontext der Zeitgeschichte
1.6  Der Nomade
1.7  Der Adelige, Soldat, Diplomat, Menschenfreund und Friedenssucher
1.8  Im Widerstand
1.9  Das Ende
1.10 Die Burg Falkenberg nach 1944
1.11 Wasserversorgung

1. Obergeschoß 1

2.1  Der Bergfried
2.2  Der Rittersaal
2.3. Burg und Ort
2.4  Verteidigung

2. Obergeschoß

3.1  Die Burgkapelle
3.2. Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg
3.3. Macht – Verfall – Visionen

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Der Zugang zur Burg führt vom Torhaus über eine Brücke zum Burgtor. Hier beginnt der Rundgang. Burg und Brücke im fahlen Abendlicht (Foto Eibauer)

Zugbrücke (Station 0.1)

Ein etwa zwei Meter breiter Abgrund klaffte früher als letztes Hindernis vor dem Ankommenden. Die Zugbrücke schlug einstmals in den Falz des noch gut erhaltenen Türgewändes aus dem 15. Jahrhundert ein. Dem Herunterlassen diente eine Kette, die über eine Rolle lief. Anders als heute machte der Zugangssteg vor der Zugbrücke früher einen deutlichen Knick. Das verhinderte ein „Einrennen“ des Zugangs mit Rammhölzern.

Die eigentliche Burgtür kann heute noch immer mit einem Balken verriegelt werden. Der Riegel lässt sich in eine mehr als zwei Meter lange, hölzerne Hülse einschieben. Diese Vorrichtung wurde bereits beim Bau dieses Torturms im 15. Jahrhundert in die Mauer eingearbeitet.

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Türdrücker in den Keller (Foto: Eibauer)

Türdrücker (Station 0.1)

In den Türknauf linkerhand schlug der Schlosser um 1940 ein Hakenkreuz. Der Auftraggeber FWS nimmt damit die Nationalsozialisten ins Visier: Die Tür führt zum Keller – und genau dorthin geht es mit den Nazis.

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Inschrift über der Eingangstür (Foto: Eibauer)

Inschrifttafel (Station 0.1)

In der Marmorplatte über der Eingangstür verewigt sich der Bauherr des Burgwiederaufbaues. Der Text ist in Würdigung der Herkunftsregion der Adelsfamilie Schulenburg in Plattdeutsch verfasst. Ausführlich lässt FWS seinen beruflichen, sozialen und militärischen Status in Stein meißeln:
– Botschafter in Moskau
– Kammerherr am Herzogshof in Braunschweig
– Hauptmann der Reserve im preußischen Ersten Garde-Feldartillerie-Regiment
– Ritter des Johanniterordens
Auch der Baumeister – der Regensburger Architekt Franz Günthner – wird genannt.

 

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Ältestes Mauerwerk (Foto: Eibauer)

Ältestes Mauerwerk (Station 0.2)

Die Besucher bewegen sich hier auf gewachsenem Fels. Die etwa 120 cm dicke Mauer sitzt unmittelbar auf dem Granitfelsen. Das kleinteilige Bruchsteinmauerwerk wurde zweischalig mit reichlich Mörtel errichtet. Den Raum zwischen den beiden Mauerschalen hat man mit Mörtelguss und kleinen Bruchsteinen aufgefüllt. Diese Mauer stammt bis in eine Höhe von
drei bis vier Meter aus dem 11. Jahrhundert. Es ist das älteste erhaltene Mauerwerk der Burg Falkenberg und gleichzeitig des gesamten Stiftlandes.

 

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Info im Museum Burg (Reprofoto aus dem Begleitheft)

Bauphasen des Mauerwerks (Station 0.2)

Besucher befinden sich hinter der mit orangem Pfeil gekennzeichneten Mauer aus der Bauphase im 11. Jahrhundert (Pfeil 1). Darüber befindet sich das Mauerwerk einer weiteren Bauphase im 13. Jahrhundert (2), in der die bereits ruinöse Burg bis auf die Grundmauernabgetragen und neu aufgebaut wurde. Der Torturm (3) stammt aus dem 15. Jahrhundert. Er zeigt ein solides, regelmäßiges Steinquadermauerwerk. Gut zu sehen sind auf diesem Foto der Ruine (um 1910) die heute nicht mehr vorhandenen Löcher im Mauerwerk, die dem Einsetzen eines Auslegergerüstes dienten.

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Burg Falkenberg, wie sie Graf von der Schulenburg im Jahr 1929 vorfand (Reprofoto aus Doku Burg, Dr. Helm)

Burg Falkenberg – ein besonderer Ort (Station 1.1)

Die Burg Falkenberg, dieser befestigte Ort auf einer markanten Granitformation, hat eine 1000-jährige Geschichte, in der sie als Bollwerk, als Rückzugsort, als Zeichen der Macht, als Verwaltungssitz und Wirtschaftsbetrieb diente und – wie die meisten Burgen – schließlich verfiel.

Ein Zufall macht aus der Ruine wieder eine stolze Burg: Der Botschafter Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg kauft und saniert das alte Gemäuer  in den 1930er-Jahren. Sein Schicksal macht die Burg Falkenberg zu einem ganz besonderen Ort, an dem sich die Geschichte des 20. Jahrhunderts auf einzigartige Weise spiegelt.

 

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Einführungsfilm (Foto: Hans Eibauer)

Einführungsfilm (Station 1.2)

Vor dem Eintritt in den ganz FWS gewidmeten Raum (Stationen 1.3 bis 1.7) können sich Besuchern in einem ca. 15-minütigen Einführungsfilm in deutscher, englischer oder tschechischer Sprache auf eine mediale Reise zur Geschichte der Burg und dem Leben von FWS begeben. Der Start des Films kann von den Gästen selbst in Gang gesetzt werden.

 

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FWS bei einem Besuch in Falkenberg 1933 (Reprofoto aus Doku Burg, Dr. Helm)

Der Burgherr (Station 1.3)

1929 sieht FWS die Burgruine in Falkenberg zum ersten Mal. Hier findet er den Ort, von dem er seit geraumer Zeit geträumt hat. Er nimmt Kaufverhandlungen auf und lässt Pläne zeichnen. Im Frühsommer 1936 endlich ist es soweit: der Kaufvertrag wird unterzeichnet und die Planung für die Sanierung des alten Denkmals ist genehmigt.

Die Burgruine wird zur Baustelle. Schon im September 1936 kann Richtfest  gefeiert werden, am Jahresende steht bereits der Rohbau. Bis 1939 ist die Burg wiederhergestellt. Der Innenausbau geht jedoch nur zögernd voran. Der Zweite Weltkrieg führt zum Mangel an Fachkräften und Baumaterial.

Wie schon die Jahre zuvor hat der Bauherr Schulenburg wegen seiner beruflichen Verpflichtungen kaum Gelegenheit, vor Ort zu sein. Seine Lebensgefährtin Alwine von Duberg zieht nach Falkenberg und kümmert sich um die Baustelle.

Erst ab dem Sommer 1941 hat der Diplomat Schulenburg mehr Zeit für  Aufenthalte auf seiner Burg. Mit ihm zieht jedesmal ein Hauch von   Weltgeschichte in Falkenberg ein. Des Grafen großer Wunsch jedoch, den Lebensabend auf der Burg zu verbringen und hier seine Memoiren niederzuschreiben, wird im Sommer 1944 jäh beendet.

 

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Das Familienwappen der Grafen von der Schulenburg ziert den Kamin im Fürstensaal (Foto: Hans Eibauer)

Das Herkommen (Station 1.4)

FWS wird in eine uralte Adelsfamilie hineingeboren. Das weitverzweigte Geschlecht der Schulenburg ist bereits im 12. Jahrhundert belegt. Stammsitze sind die Altmark, das Hannoverische und das Braunschweigische.

Der Vater Bernhard (1839 –1902) gehört im weit verästelten Stammbaum der Schulenburg zur Weißen Linie und zum Haus Hehlen (benannt nach dem Schloss Hehlen in Niedersachen). Die Mutter Margarete (1847–1918) entstammt dem Adelsgeschlecht der Freiherren von Waldenfels.

Friedrich-Werners Vater ist Oberstleutnant in preußischen Diensten. Der militärische Beruf bedeutet für die Familie häufige Ortswechsel. 1886 geht der Offizier in Ruhestand. In Braunschweig findet die Familie 1887 schließlich ihre bleibende Heimat.

 

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Zeitleiste (Foto: Hans Eibauer)

Leben im Kontext der Zeitgeschichte (Station 1.5)

In einer Zeitleiste werden die Lebensstationen von FWS sehr anschaulich und im Überblick dargestellt.

 

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Der Nomade (Reprofoto aus Begleitheft MuseumBurg (Reprofoto Dr. Helm)

Der Nomade (Station 1.6)

FWS führt ein weltläufiges Leben. Die Orte, an denen FWS lebte und wirkte, werden in einer großen Karte dargestellt.

 

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FWS als sechsjähriger Schüler (Reprofoto aus Doku FWS, Dr. Helm)

Der Adelige (Station 1.7)

FWS kommt als Adeliger im jungen deutschen Kaiserreich auf die Welt. Noch bestimmt der Ständestaat die Chancen des Einzelnen. Wichtige Positionen in Politik und Militär sind für den Adel reserviert.

Der Graf entstammt einem sehr alten und weitverzweigten Geschlecht, das seit Jahrhunderten hohe Staatsbeamte, Diplomaten und Offiziere stellt. Seine Eltern sind jedoch nicht begütert. Dieses Fehlen eines der drei entscheidenden „G“ (Geburt, Geld, Gehirn) lässt die Karriere des jungen Adeligen langsamer in Gang kommen.

Neben den Chancen eines adeligen Netzwerkes bekommt FWS die Werte einer protestantischen Adelsfamilie mit auf seinen Lebensweg. Patriotismus und  Pflichtgefühl lassen ihn aber keineswegs zu einem eifernden Nationalisten werden. Ideologien sind ihm zuwider. Die Nationalsozialisten betrachtet der  Adelige herabblickend als „ignobile vulgus“ (Pöbel).

 

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FWS als Soldat (Reprofoto Doku FWS, Dr. Helm)

Der Soldat (Station 1.7)

Militär ist Pflicht. Schulenburg absolviert nach seinem Schulabschluss eine  Grundausbildung als „einjährig Freiwilliger“. Im Herbst 1895 wird er als  Reserveoffizier entlassen.

Schon vor dem Militärdienst steht sein Berufsziel fest: er will nicht die militärische, sondern die diplomatische Laufbahn einschlagen. Bereits vor Beginn seiner Ausbildung als Soldat beginnt er ein Jurastudium.

Den Ersten Weltkrieg, in den der fast 40-jährige Konsul und Offizier ziehen muss, bezeichnet er als „unnötig und dumm“. Aber er sieht sich natürlich in der Pflicht,  dem Vaterland als Soldat zu dienen – wenn auch als „unfreiwilliger Träger“.

 

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Perfekt auf dem diplomatiischen Parkett, hier als Vertreter des Dt. Reichs bei der Schahhochzeit 1939 (Reprofoto Doku FWS, Dr. Helm)

Der Diplomat (Station 1.7)

Diplomat ist der Traumberuf des weltoffenen und reiselustigen Grafen. Der Jurist muss sich nach seinem Eintritt ins Auswärtige Amt jedoch zunächst mit der konsularischen Laufbahn begnügen. Für den eigentlichen diplomatischen Dienst reicht sein Geldvermögen nicht. Mit dem Ende des Kaiserreichs ändern sich die Spielregeln. Nun kann FWS als deutscher Gesandter in Persien (ab 1922) und Rumänien (ab 1931) wirken. 1934 schließlich wird er Botschafter in Moskau.

FWS ist ein loyaler und disziplinierter Beamter, der seine dienstlichen Pflichten akkurat erfüllt. Seine Mitarbeiter und Bediensteten schätzen seine stille,  unaufdringliche Art, seine einfühlsame Nachsicht und sein wohlwollendes Grandseigneur-Verhalten.

 

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Alwine (Alla) von Duberg, langjährige - nicht die einzige - Lebensgefährtin von FWS (Reprofoto Doku FWS, Dr. Helm)

Der Menschenfreund (Station 1.7)

FWS besitzt außergewöhnlichen Charme, mit dem er allenthalben Vertrauen und Zuneigung gewinnt. Er liebt das gute Leben und die Geselligkeit. Oft und gerne hat er Gäste um sich. Er nimmt die Menschen wie sie sind, soziale Arroganz liegt ihm fern. Seine ritterliche Höflichkeit gegenüber Frauen wird geradezu sprichwörtlich.

Selbst bei den Russen ist FWS beliebt, „unser Graf“ wird er genannt. Man sieht ihn als liebenswürdigen Gentleman und ehrlichen Makler. Vom russischen Außenminister stammt der Satz: „Wir haben ihn gern und können nicht nein zu ihm sagen.“

FWS nutzt seine Spielräume als Diplomat, um in Not Geratenen zu helfen. Er unterstützt viele Polen, die deutschem oder sowjetischem Terror ausgesetzt sind. Gegen amtliche Verbote handelnd rettet er wohl einigen hundert Personen das Leben.

 

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FWS (Mitte) mit Stalin (links neben FWS) vor Unterzeichnung des Nichtangriffpakts mit der Sowjetunion 1939 (Reprofoto Doku FWS, Dr. Helm)

Der Friedenssucher (Station 1.7)

FWS steht seit seinem Amtsantritt 1934 als deutscher Botschafter in Moskau im Brennpunkt zweier totalitärer Staaten. Er arbeitet energisch und ausdauernd an einer Verbesserung der deutsch-sowjetischen Beziehungen. Dabei kritisiert der Diplomat offen die Außenpolitik des Dritten Reiches und warnt vor einem Krieg gegen Russland.

Bei der Vorbereitung des Hitler-Stalin-Pakts spielt Schulenburg eine zentrale Rolle. Dieser deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939 und sein geheimes Zusatzabkommen, in dem die Vertragspartner Polen unter sich aufteilen, sind jedoch faktisch der Startschuss zum Zweiten Weltkrieg. Am 1. September fällt die deutsche Wehrmacht in Polen ein. Aus dem von FWS beabsichtigten Friedenspakt ist ein Kriegsbündnis geworden.

Dem Verzweifeln nahe arbeitet der Diplomat weiter am deutsch-russischen Ausgleich. Mit der Schreckensvision eines Krieges gegen die Sowjetunion vor Augen geht er dabei bis an die Grenze zum Hochverrat. Schulenburgs „diplomatischer Widerstand“ bleibt erfolglos. Als er den Russen in der Nacht zum 22. Juni 1941 die Kriegserklärung überbringen muss, steht er am Tiefpunkt seines Lebens.

 

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Der Volksgerichtshof verurteil FWS zum Tode (Reprofoto Doku FWS, Dr. Helm)

Im Widerstand (Station 1.8)

FWS kehrt im Sommer 1941 als Enttäuschter aus Moskau zurück. Er wird Leiter des „Rußland-Gremiums“ im Auswärtigen Amt: Ein Abschiebeposten ohne Gestaltungsmöglichkeit.

Mit dem Krieg gegen die Sowjetunion nimmt die große Katastrophe, vor der Schulenburg gewarnt hat, ihren Lauf. Die Judenvernichtung und die Gräuel des Krieges verletzen sein Humanitätsgefühl. Er will nicht länger Werkzeug und Diener der wahnsinnigen Nationalsozialisten sein, die sein Vaterland zerstören. Die bei ihm seit langem vorhandene Abneigung gegenüber dem NS-Regime wandelt sich zur aktiven Gegnerschaft.

Aus dem aufmerksamen Beobachter wird ein zum Handeln Entschlossener. Seit 1942 hat Schulenburg Kontakt zu Widerstandskreisen. Der ehemalige Botschafter erklärt sich für Verhandlungen mit den Sowjets bereit. Er beteiligt sich an der Formulierung des außenpolitischen Programms der Verschwörergruppe um Stauffenberg. Für die nach einem Staatsstreich geplante Regierung stellt er sich als Außenminister zur Verfügung.

Nach dem misslungenen Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944 wird Schulenburg als Mittäter verhaftet, verurteilt und am 10. November ermordet.

 

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Hinrichtungsstätte Berlin Plötzensee (Reprofoto Doku FWS, Dr. Helm)

Das Ende (Station 1.9)

Am 10. November 1944 wird FWS im Strafgefängnis Plötzensee in Berlin durch Nazischergen ermordet.

Hitler hatte verfügt, dass die Hinrichtungen der Verschwörer durch Erhängen (und nicht durch das „ehrenhaftere“ Erschießen) zu erfolgen hätten.

Himmler wollte keine Gräber. Er ließ die Leichen der Ermordeten verbrennen und ihre Asche über die Felder streuen.

Und dann?

Wie empfand FWS seinen bevorstehenden Tod? Seine Gedanken dazu sind nicht festgehalten. Sicher hatte er Sorge, dass seine Hinrichtung als schmählich empfunden würde. Und diese Sorgen waren berechtigt.

Von einem anderen Widerstandskämpfer gibt es entsprechende Nachrichten. In den letzten Tagen seiner Haft klagt Helmuth James Graf von Moltke in einem Brief, dass er die „Schmählichkeit seines Todes“ als das „Schlimmste“ empfinde. Er werde „nicht zur Kenntnis genommen, und die Verwandten vertuschen ihn“.

Das Bild von den Attentätern als Vaterlandsverräter hat sich lange im kollektiven Gedächtnis gehalten. Erst 2004 sagten die Deutschen mehrheitlich, dass der Umsturzversuch etwas Ehrenhaftes war. Und erst 1998 waren die Urteile des „Volksgerichtshofes“ summarisch aufgehoben worden.

 

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Am 29. August 2009 weht zum letzen Mal die Fahne der Grafen von der Schulenburg auf der Burg (Foto: Markt Falkenberg)

Die Burg nach 1944 (Station 1.10)

Nach der Festnahme Schulenburgs als Mitverschwörer des 20. Juli wird die Burg Falkenberg im August 1944 von der Gestapo beschlagnahmt. Von Januar bis April 1945 dient sie dem NS-Staat als Außenstelle des Konzentrationslagers Flossenbürg für die Internierung von Sondergefangenen.

Am 28. April 1945 marschieren die Alliierten in Falkenberg ein. Amerikanische Soldaten nehmen Quartier auf der Burg. Ab August 1945 werden Vertriebene in der Burg untergebracht. 1946 und 1947 dient sie vor allem als Lazarett.

Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft zieht Albrecht Graf von der Schulenburg, ein Neffe des ermordeten Botschafters, 1949 auf die Burg. Für ihn, seine Frau Sonnhild (auch sie ist eine geborene Gräfin von der Schulenburg) und deren Kinder Fritz und Stephan wird die Burg Falkenberg zur Heimat.

2009 erwirbt der Markt Falkenberg die Burg und beginnt eine umfassende Sanierung.

 

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Die Burg Falkenberg überragt den zu Füßen liegenden Markt (Foto: Petra Wach für Markt Falkenberg)

Der Bergfried (Station 2.1)

Dieser Raum entstand erst 1939 bei der Burgsanierung. Der Turm (Bergfried), der sich hinter der Treppe befindet, stand vorher frei im Burghof. Auf der Brücke über den Burghof, die zur nächsten Station führt, bietet einen guten Blick auf das mittelalterliche Mauerwerk des Turms.

 

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Der Rittersaal, als FWS die Burg bewohnte, rechts der Kamin (Reprofoto aus Doku Dr. Helm)

Der Rittersaal (Station 2.2)

Diesen großen Raum im Westbau der Burg lässt FWS als Rittersaal gestalten. Der Kamin trägt das Familienwappen des Grafen.

 

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Federzeichnung der Burg Falkenberg um 1620 (Reprofoto aus Doku Dr. Helm)

Burg und Ort (Station 2.3)

Ein Flussübergang an einer wichtigen Handelsstraße und ein naher, mächtiger Felsturm: Das waren vor etwa 1000 Jahren ideale Voraussetzungen für die Anlage von Burg und Ortschaft Falkenberg.

Die Burg war Herrschaftssitz. Der Herr bot Schutz und sprach Recht. Die Ortsbewohner entrichteten Abgaben und leisteten Dienste. Die Ortschaft hatte große Bedeutung für die Burg. Am Fuß der Burg Falkenberg – in der „Schwaige“ – wurde ein großer Wirtschaftshof errichtet. Handwerker wurden angesiedelt. Das Kloster Waldsassen als Herr über Falkenberg räumte den Ortsbewohnern schon im 15. Jahrhundert weitgehende Rechte ein (Freibrief von 1467), entließ sie aus der grundherrschaftlichen Abhängigkeit und befreite sie von vielen Abgaben und
Dienstverpflichtungen. Eine wichtige Falkenberger Tradition, das Brauen des Zoiglbiers, hat hier ihren Ursprung.

1567 erhielten die Falkenberger – jetzt von den wittelsbachischen Pfalzgrafen als ihren neuen Herren – zusätzlich das wichtige Marktrecht.

 

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eine der Schießscharten (Foto: Hans Eibauer)

Verteidigung (Station 2.4)

Die Burg Falkenberg ist ein sicherer Ort.  Der kleine Raum vor dem Besucher war die Wächterstube. Von hier aus konnte man in drei Himmelsrichtungen blicken. Damit war der Zugangsbereich zur Burg, der Marktplatz sowie die Waldnaabbrücke gut kontrollierbar. Schießscharten an allen drei Seiten (zwei sind heute noch vorhanden) ermöglichten das deckungssichere Abfeuern von Schusswaffen. Die Wächterstube ist Teil des Torturmes. Dieser wurde im frühen 15. Jahrhundert erbaut, als die Hussiten die Region unsicher machten.

 

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Die Stationen führen auch an der Burgkapelle vorbei (Foto: Hans Eibauer)

Die Burgkapelle (Station 3.1)

Die Burgkapelle wurde im Zuge von Ausbaumaßnahmen durch das Kloster Waldsassen ab der Mitte des 15. Jahrhunderts errichtet. Den Altarraum bildet ein Erker, der von einer mächtigen Steinkonsole getragen wird. Den Kapellenraum überwölbte einst ein Rippengewölbe. Die hochwertigen Werksteine aus Sandstein fielen Plünderung und Verfall zum Opfer. Erhalten blieb nur der zum Altarraum führende Spitzbogen. Im Zuge der Burgsanierung ab 1936 ließ FWS die Kapelle wieder instandsetzen.

 

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Friedric-Werner Graf von der Schulenburg (Foto: Hans Eibauer)

Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg (Station 3.2)

Hier auf der Burg Falkenberg wollte FWS seinen Lebensabend verbringen und seine Memoiren schreiben. Auf dem Falkenberger Friedhof wollte er begraben werden. Beide Wünsche sollten nicht in Erfüllung gehen.

Der ehemalige Botschafter wird von den Nationalsozialisten als Mitverschwörer des 20. Juli angeklagt, verurteilt und am 10. November 1944 in Plötzensee durch den Strang hingerichtet. Sein Leichnam wird verbrannt, die Asche verstreut.

Aus dem Testament Graf von Schulenburgs vom 24.11.1942:
Ich wünsche auf dem Friedhof in Falkenberg (Oberpfalz) begraben zu werden. Auf mein Grab soll eine Platte aus Oberpfälzer Granit gelegt werden. Die Platte soll etwa zwei Meter lang und einen Meter breit sein; sie soll lediglich die Inschrift tragen:
„Friedrich Werner Graf von der Schulenburg Deutscher Botschafter (a.D.)
geboren 20. XI. 1875 in Kemberg, gestorben ……. in  …….“
Auf meinem Sarg soll mein Offizierssäbel mit dem preußischen Porte-epée gelegt werden, falls der Säbel aus Moskau gerettet werden sollte; in meinem Sarg soll ein Paar Anschnall-Sporen gelegt werden. Mein Leichnam soll in einen seidenen Pyjama gekleidet und dann in eine meiner Bokhara-Decken gehüllt werden.

 

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Die hohe Qualität der Planung und Umsetzung von Architekt Peter Brückner (links) wird dazu beitragen, dass die Burg Falkenberg ein weiteres Zentrum für Austausch und Verständigung in der Oberpfalz wird. Im Bild rechts Rudolf Fröschl, Regierung der Oberpfalz, der die Realisierung des Projekts stark unterstützt hat (Foto: Hans Eibauer)

Macht - Verfall - Visionen (Station 3.3)

Wenn hier auf der Burg Falkenberg Steine erzählen könnten. Mehr als 1000 Jahre bergen ein unerschöpfliches Repertoire. Die Burg war Machtfaktor und Machtsymbol. Nicht nur einmal verfiel sie und wurde wieder errichtet. Menschen setzten sich große Ziele und taten alles, um sie zu verfolgen.

Dass wir hier und jetzt Zukunft gestalten können, verdanken wir letztendlich dem Botschafter Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg. Er erweckte die Ruine – gelegen an einer Schnittstelle zwischen Ost und West – wieder zum Leben.

Er steht aber auch für einen Auftrag. Die Burg Falkenberg zum Treffpunkt für  Austausch und Verständigung im Herzen Europas werden zu lassen.

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